MODELL (n. n.)
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Quotation
{Die Vernunft/ ist der Zeichnung Ursprung} Die Zeichnung […] ihren Ursprung aus der Vernunft hat/ so erfordert solche eine sonderbares Urtheil/als die universal-Form/Idea oder Modell aller Dinge/so die Natur jemahls gebohren. Dann diese machet in dem menschlichen Leib/ in den Thieren und Pflanzen/ folgbar auc die Gebäu- Bildhauer und Mahlerey-Arbeit/ die proportion und Gleichheit zwischen dem ganzen völligen Corpo und seinen Theilen/und den Unterschied zwischen denselben erkennen. Und aus dieser Erkäntnis entspringet eine gewiße imagination, Einbildung/ Meinung und Urtheil / welches ihm der Künstler in seinem Verstand vor-formet/ und nachmals mit Kreide/ Rötel oder Kohlen/ durch die Hand/ zu Papier bringet.
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Wann man nun/ in solchem nachzeichnen/ durch viele Ubung/ eine gute practic und Gewonheit/ auch sichere Hände/ erworben/ mag man zur Abzeichnung der lebendigen Dinge schreiten/ und darinn mit ämsigem Fleiß und Aufsicht sich so lang üben/ bis man eine nach den Regeln wolgegründete sichere Natürlichkeit erwerbe. {worzu die Academien dienen.} Hierzu ist allerdings nötig/ die Besuchung der Academien/ da man/ in Gesellschaft anderer/ von einem wolgestellten Subject, und lebendigen Modell, unterschiedliche Stellungen absihet: und ist dieses der allerbäste Weg/ zur Wissenschaft der äuserlichen Anatomie, Maß und proportion des Menschen gründlich zu gelangen.
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Die Zeichnung soll und mus mit sonderbarer Vernunft/ rarer invention, abtheilung und stellung/ als an welcher allermeist gelegen/ gemacht seyn: damit alle Theile/ zu vergnügung eines vernünftigen Auges/ wol übereinstimmen/ und nicht hier alles/ dort wenig oder gar nichts/ ohne Urtheil oder Verstand/ herfür komme. Solche schöne Ordnung oder häßliche Unordnung/ entspringet von wol- oder übel-gefasster Zeichen-Kunst/ entweder nach denen gehabten Modellen/ oder nach den vorgenommenen lebendigen Bildnusen: und kan die Zeichen-Kunst keinen guten Anfang haben/ wann sich der Scholar nicht eifrig beflissen/ natürliche und lebhafte Dinge abzuzeichnen/ und nach gut-gemahlten Stucken von belobten Meistern/ oder nach antichen Statuen und erhobnen Bildern/ wie schon oft gesagt worden/ zu formiren.
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{Anweisung zu dieser Mahlerey in großen Sachen} Wer eine fürnehme Historie auf frischen Kalch zu mahlen gewillt ist/ der durchsinne und bedencke erstlich die Historie wol/ darnach setze er seine Gedanken mit der Feder oder Kreide auf Papier. {Umriß und Carton} Wann ihm nun solcher Abriß beliebig/ so mache er die Bilder der vorhabenden Historie auf ein ganze Tafel/ von Erde oder Wachs/ (auch bekleidet/ nach Notturft mit fein genetzter Leinwat oder dünn seidenem Zeug) ein oder zwey Spannen hoch. Wann also das Modell vollbracht ist/ so setze er dasselbige so hoch und weit von sich/ wie es sein Horizont, das Liecht und die Distanz erforderet/ und die Historie-Ordnung mit sich bringt: alsdann wird sich erzeigen der Figuren Proportion, Ordnung/ Liecht und Schatten/ halbe und beyde Theile/ völlig nach der Natur Schlag und Brauch. Nach solchem nimmet der Mahler ein darzu zusammgepaptes Papier der rechten Größe/ wie er vorhabens ist das ganze Werk zu machen/ zeichnet darauf/ mit etwas Behelf der fürnehmsten Theile des Lebens/ die ganze Historie wol ausgeführet: und dieses wird alsdann eine Carton genennet. Wann dieses fertig ist/ so schneidet man ein Stuck oder Figur ab/ just soviel/ als man selbigen Tag zu verrichten ihm vorgenommen/ und leget solches auf den Platz des angeworffenen nassen Kalchs/ und fähret alsdann mit einem spitzigen Pfriem oder Eisen säuberlich über den Umriß des Papiers. {Dieser wird auf dem nassen Kalch stückweis/} Wann solches geschehen ist/ so findet der Mahler darunter den Umriß seines fürnehmens durchgezogen/ weil der frische Kalch gehorsam ist: und hierauf wird mit Farben nach dem Riß gemahlet. Des andern Tags/ wird wieder also ein Stuck von dem Carton abgeschnitten/ und damit/ wie gemeldt/ verfahren/ und also alle Tage fortgesetzet/ bis das Werk vollbracht ist. Man kan also nicht fehlen/ weil jedesmal/ bey auflegung des neuen abgeschnittenen Bilds/ auf der Mauer/ des vorigen Ende erscheinet. Wann man aber/ auf eine Tafel oder Tuch/ aber sonsten ganz/ durchgezogen. nach dem Modell oder Carton von Papier/ mahlen will; alsdann ist das verschneiden unnötig/ sondern man überfährt solchen Modell hinten mit trucken-geschabter Kohle wolschwarz/ leget es also auf die Tafel fest nieder/ und zeichnet den Umriß mit dem vorgemeldten Stefft oder Eisen überall ab/ oder durchpauscht solches: alsdann findet man denselben ganz auf der Tafel/ und ist hierauf mit Oelfarben darüber zu mahlen. Dieses ist der Process und Gebrauch bey den meisten Italiänern/ sonderlich bey den Florentinern. Aber andere/ sonderlich die das meiste nach dem Leben mahlen/ bedienen sich allein der natürlichen Modellen: nach welchen sie ihr fürnehmen/ mit gutem Urtheil/ durch Verhülf der Kreiden/ auf ihre Tafel zeichnen/ und also/ ohne fernere Mittel/ das Werk fortsetzen.
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{Von Verkürzung der Bilder/ was sie sey?}Unsere Vorfahren/ haben allezeit ein wachendes Aug gehabt/ auf die Verkürzung der Figuren: dadurch sie/ dem Gesicht nach/ einen mehrern Schein/ als sie an sich selbst haben/ in die Länge und Höhe bekommen; welches die Dicke der Umriß-Schatten und Liechtes also scheinen machet. In dieser Kunst/ zumal in einfachen Bildern/ hat über andere alle excelliret/ oft-gedachter Michaël Angelo der dann hierzu/ den Nachfolgern zur Lehre/ aus Erde/ Läm/ Gyps oder Wachs/ solche Modellen gemacht/ welche viel standhafter sind/ als die bewegliche lebhafte Bilder. Wann man nun ein verlangtes Model also zu werk gebracht/ setzet man dasselbige/ in gebührlicher Höhe und Distanz, über den Horizont: wornach dann/ desto sicherer/ die Bilder gemacht werden. Die Unwissenheit dieses Handgriffs/ verursachet viel Müh und Arbeit: welche ihrer viele nicht gern auf sich nehmen/ die etwan auch nicht soviel Verstands haben/ dieses Meisterstuck auszusinnen. Es haben aber die Liebhabere dieser Kunst immer mehrers sich beflissen/ mit aufhebung aller Difficulteten/ den bästen Weg zu finden/ wie die Proportion verkürzbar zu machen/ und der rechte Schatten zu erhalten sey/ damit der verlangte effect erfolge. Sie haben auch nicht nachgelassen/ bis man zu unsern Zeiten dessen meisterliche Wissenschaft überkommen.
Es sind deren viele/ welche die Arbeit der Verkürzung verachten und gering schätzen: es sind aber nur die jenige/ so dessen geringe Wissenschaft haben/ und denen die Nuß gar zuhart aufzubeissen fället. Solches ist daraus abzunehmen/ daß sie/ wann man ihnen dergleichen künstliche Stucke vorhält/ und doch gerühmet. Wie dann von dieser Gattung etliche schwere Stucke zu unsern Zeiten verfärtigt worden/ so das Menschliche Gesicht und Augen mächtig geblendet. Es wird aber diese Arbeit/ von unsern Kunstmeistern/ al di sotto in su, das ist/ von der Erden in die Höhe anzusehen/ genennet/ und/ wie gedacht/ von Modellen/ Bildnisen oder lebhaften Personen abgesehen/ die sie erhöhen/ alsdann die Spielung des Schattens in acht nehmen/ und sich bemühen/ solche in ihr Bild zu bringen. Wann nun das Menschliche Auge gegen einem solchen Bild/ so gemeinlich auf etwas empor stehet/ sich wendet/ da zeigen sich ihme erstlich die Fussolen/ Kniehe oder Schenkel/ und dann erst die übrigen Theile des Leibes: daher die Kunst billig diesen Namen bekommen.
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{Unachtsamkeit der Alten/ in erwehlung kleiner Mahl-Stüblein: wodurch sie ihnen selbst/ die Weitturft und das nötige Liecht/ entzogen.}
Es haben viel unserer Vorfahren/ auch meist die allerberühmteste Teutsche Kunst-Mahlere/ gefehlet/ indem sie/ all zu kleiner auch überall mit Liecht und Sonnenschein erfüllter Mahl Stüblein/ zu ihrer Arbeit sich bedienet: wordurch ihnen/ der Platz und die nötige Distanz, um von ihrem Modell oder Tafel weit genug ab und zuruck zu treten/ auch ihre Arbeit von weitem zu besichtigen und darüber zu urtheilen/ so wol auch des gerechten hohen einfälligen Liechts Stärke zum rundiren/ folgbar die natürliche Kräften aller Farben/ verkürzt und benommen worden: Und wurden sie/ wann sie in einem anständigen Mahlzimmer gewesen wären/ ihren trefflichen Werken viel mehr Leben/ Kraft und Warheit gegeben haben. {Des Mahlzimmers rechte Breite und Länge}/ So ist dann vonnöten/ daß ein schickliches Zimmer/ absonderlich zum Bild-Mahlen in Lebens-Größe/ auch zum Historien-Mahlen/ und dergleichen/ erwehlet werde. Dasselbe mus nun wol hoch und groß seyn/ und in der Länge zum wenigsten 30 Schuh/ und in der Breite fast eben soviel haben/ auch das Liecht/ welches recht mitten und zu oberst des Zimmers anfangen mus/ 5 oder 6 Schuh in der Vierung haben/ wiewol die Rundung besser anstünde. {auch groß und kleines Liecht} Gleich unterhalb dieses Liechts/ soll noch eines jenem gleichförmig seyn/ welches bedeckt kan werden: damit/ wann Historien zu praesentiren sind/ so in frey-offenem Feld im Sonnenschein bey vielem Liecht geschehen/ man zu dem obern auch etwas vom untern eröffnen könne. Dieses Liecht/ soll von Nord oder Septentrion, weil von dannen der Sonnen-Glanz am wenigsten bescheinet/ genommen werden. Ein gerechtes Zimmer zu unserer Kunst ist/ wann darinn alles/ was von Modellen hinein kommt/ auch die Gemälde selbst/ ein vollkommen-schönes Liecht haben/ und jedem Ding den Wolstand/ Schatten und Widerschein geben kan.
Anciens (les)
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{Wie ein Modell soll gestellt und die Distanz beobachtet werden.}Wann nun das Leben oder Modell, es sey auf einer niedrigen oder hohen Tafel/ (nach Erforderung des Horizonts/ wie das Stuck/ wann es vollbracht/ soll aufgestellet werden/) also im bästen Liecht vor Augen stehet/ daß es solch Liecht und Schatten nach Verlangen hat: alsdann setze sich der Mahler/ etwan 8 oder mehr Schuh davon. hat er überall das gerechte Liecht/ und bleibet ihm noch Platz genug/ davon hintan zu gehen: welches dann hochnötig ist/ wann er sein Werk will von weitem besehen/ auch ein großes Werk hin und wider schieben/ erniedrigen und erhöhen. {Auch kleine Sachen/ erfordern Raum und gut Liecht.} Auch die jenige/ welche nur kleine Werke machen/ sonderlich wann sie das Leben wollen gebrauchen/ müßen/ wegen nötiger Distanz, und das Liecht von oben herab zu nehmen/ nicht in allzukleinen Zimmern ihre Arbeit verrichten/ sondern Raum und Liecht suchen: da dann alles einen mehrern Wolstand/ gewißere Maaß und mehr Lebhaftigkeit/ erzeigen wird.
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{Modellen und Bekleidung der Gliedmänner.} Dieses [ndr : Unterschiede in den Gewändern] wol zu begreiffen/ pfleget man/ nächst fleißiger Beschauung des Lebens/ die so-genannte kleine Wachs-Modellen zu machen/ oder Gliedmänner mit Röcken oder Mänteln von rauher Leinwat oder nassem Papier zu überlegen: welches dann angenehme Falten macht/ und sich wohl erzeigt/ wann mit guter Bescheidenheit in und zu großen Bildern gefolget wird; wiewol man dadurch/ weil die Bewegung manglet/ leichtlich kan verführet werden.
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{Der antichen Statuen} Was wir bey den antichen Egyptern/ Griechen und Römern sonderlich in der Mänge ihrer vortrefflichen Statuen/ an / Gewändern finden/ ist zwar in etlichen Stucken hoch zu achten/ also daß wir ihnen nicht in allem folgen können.Weil ihre Bilder rund-um müßen gesehen werden/ liefen sie Gefahr/ daß sie/ durch eine vollkommene starke Falte auf einer Seite/ das Bild auf der andern Seite zuviel bedecken mochten/ das dann eine Unform gibet: weswegen sie meist nur an den Leib glattanligende dünne Gewänder gemacht/ solche aber sonders kunstreich und zierlich zu paß gebracht haben. Von solcher perfection sind zu sehen/ die hiebey gewidmete Flora zu {perfecteste Gewänder.} Rom al Farnese, die Cleopatra im Vatican, die Sibylla Cumana, und Tiburtina, auch die Sabina, die fliegende Gewänder in den Basse-rilieven Nymphen/ vor allen aber die Juno von Cesy, deren hohes Lob gebühret: dann die Art des Tuchs ist alda natürlich reich/ ohn einige Hinternis der Glieder. Hierzu gehöret der große Consul, in des Grafen von Arondel Garten zu Londen: und sind solche alle für gute Modellen zu halten.
ANONYME, Ariane endormie (Cléopâtre) , IIe siècle après J.C., marbre, 161,5 x 195, Vatican, Vatican, Museo Pio-Clementino, MV_548_0_0.
ANONYME, Flore Farnèse, IIe siècle après J.-C., marbre, h. 342, Napoli, Museo archeologico nazionale di Napoli, inv. 6409.
ANONYME, Juno Cesi, IIIe siècle avant J.-C., marbre, h. 228, Roma, Musei Capitolini, inv. 731.
ANONYME, Relief, dit les Danseuses Borghèse, IIe siècle après J.C., marbre, 74 x 188, Paris, Musée du Louvre, MR 747 Ma 1612.
Consul romain (coll. Arundel, Londres, non identifié)
Sybille de Cumes (coll. Giustiniani, repr. dans la TA, tafel w)
Sybille Tiburtine (non identifiée)
Antiques (les)
Egypter (die)
Grecs (les)
Römern (die)
Le terme mdell renvoie ici aux sculptures antiques. Cependant toutes les oeuvres citées par Sandrart n'ont pu être identifiées. KUHN-FORTE Brigitte, „Die ‚höchste Vollkommenheit […] der in weißen Marmelstein gebildeten antichen Statuen.’ Sandrart und die Antiche“, In: Unter Minervas Schutz. Bildung durch Kunst in Joachim von Sandrarts Teutscher Academie. Ausst.-Kat. Wolfenbüttel, hg. von Anna Schreurs unter Mitwirkung von Julia Kleinbeck/Carolin Ott/Christina Posselt/Saskia Schäfer-Arnold Herzog-August-Bibliothek, Wolfenbüttel 2012, S. 73–87.
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So muß auch der Künstler vorhero die Historien offt/ und aus unterschiedlichen Authoren lesen/ seine Gedancken zu mehren sich befleissen/ das beste daraus erwählen/ {Aus unterschiedlichen Entwurff ein Modell zeichnen} in seinem Verstande wol begreiffen/ und fest stellen/ alsdann in geistreicher Ordnung/ durch etliche Entwürffe auf Papier/ das Beste heraus ziehen und vermehren/ ein Carton oder Model machen. Solches ist der gemeine Gebrauch. Ich habe aber besser gefunden/ daß ich iedesmal alles zusammen auf ein Tuch/ einen oder zween Schuch hoch/ die Ordnung und colorit zusammen gebracht/ mit Farben gemahlt/ alsdann alles beysammen sehend/ welches in allen Theilen das Beste wäre/ geurtheilet: damit/ was wenigst an ständig/ im grossen Haupt-Wercke vernünfftig geändert werden möchte.
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Zu solcher grosser/ wie auch kleiner Wercke Verrichtung wird erfordert/ daß der Mahler seine Arbeit verrichte/ in einem grossen/ weiten/ und hohen Mahlzimmer/ mit einem hoch-abfallenden Nordliechte/ ohne Sonnen-schein. {Das hochfallende Liecht. Gerechten Tag auch Schatten und Reflexion. Distanz.} Alsdann alles/ was er darinnen/ an Modeln/ vor sich stehen hat/ ihm vortreflich/ starck/ mit einem grossen Vortheil nach zufolgen/ Gelegenheit gibt/ indem es ein reines Liecht und mithin regulirten Gegenschein der Reflexion-Ordnung/ verursache. Aus welchem die vollkommene Ordnung zum rundiren besteht. Diese grosse Zimmer geben den Raum/ daß die Modelle/ in gebührender distantz, nemlich in so grosser/ oder etwas grösserer/ als die Person ist/ Mahler abstehen können: { Von der Universal-Haltung] wodurch die wahre Proportion, in dem Universal, durch die Augen besser zu begreiffen/ als wann das Model gleich an unserem Gesicht stehet.
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Rede bey Stellung des Modells, p. 6
[1. Theil des Kunst-Weges] was ein Jüngling bereits wissen müsse/ bevor er mit Nutzen in diese Lebens-Classe nach dem Modell zu zeichnen den Anfang machen könne. So muß er allbereits durch fleißiges Nachzeichnen guter Kupferstücke/ Zeichnungen/ und des runden und unbeweglichen Lebens/ ihme ein gewisses Augenmaß und eine fertige Hand erworben haben, damit mit sein Auge die grosse Proportion des vor ihm stehenden lebendigen Modells accurat und geschwinde ins kleine concipiren und abmessen/ die fertige und geschickte Hand aber/ die von dem Aug ins kleine concipirte Figur / auf dem Papier mit Linien sichtbar machen / und denen Augen der Anschauer darstellen können. […]
Wann es nun eineme Nachzeichner fehlet an einem gewissen Augenmaß : oder an einer geübten Hand : so wird selbiger auch mit dem Entwurff der Action sehr viel Zeit zubringen: und doch nichts an seinem gehörigen Ort placiren. […]
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Rede bey Stellung des Modells, p. 11
[Was ein Jüngling bereits wissen müsse nach dem Modell zu zeichnen] Damit ihme auch die verkürtzende Glieder keine Schwürigkeiten verursachen/ So wird sechstens unumgänglich nöthig sein/ daß er die Perspectiv erlernet/ und ihme dieselbe sehr bekant gemacht habe ; Dann durch deren Hülffe wird der Nachzeichner beym erster Anblick der Action, die vorfallende Verkürzungen des Sceletons accurat wissen anzudeuten/ und die/ dasselbeverkürzende Glied des Sceletons herum-gestochtene Musculos, mit mehrer Gewißheit beobachten können. Es giebt auch die Perspective in gewisses Urtheil/ von der degradation des Lichtes und des Schattens/ vom Wierderschein/ und vielen andern im Leben zu beobachtenden Dingen.
Dieses, […] seynd die Dinge welche einem Jüngling zu wissen höchstnöthig seyn/ bevor er mit Nutzen in der Lebens-Classe nach dem Modell zu zeichnen den Anfang machen könne ; Und aus eben diese Insicht/ seynd bey dieser Königl. Academie die Classen wolbedächtiglich also rangiret/ wie in der/ vor dieser Lebens-Classe befindlichen Gallerie zu sehen ist/ auf daß sie der Jugend durch ordentliche Erlernung der darin gelehrten Wissenschafften/ eine Steige bahneten/ auf derer Staffeln sie den rechten Eingang zu dieser Leben-Classe finden könnte: […]
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Rede bey Stellung des Modells, p. 12
Was ein Jüngling im Nachzeichnen des Lebendiges Modells beobachten müsse. So ist das Erste: daß er ihme einen bequemen Sitz-Platz erwehle/ dabey gebe er acht auf folgende vier Umstände. (1) Die Distanz zwischen dem Auge des Zeichners und dem Modell, so also beschaffen seyn/ daß er ohne Verrückung des Haupts das Modell mit einem gemächlichen Blick beschauen könne/ dieses wird geschehen können/ wann er so weit vom Modell entfernet ist/ als ein oder anderhalbmahl das Modell lang ist.
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Rede bey Stellung des Modells, p. 12
[Was ein Jüngling im Nachzeichnen des Lebendiges Modells beobachten müsse.] (2) Muß ein Anfänger sich also setzen/ damit das Modell sich ihme unter einen wohlständigen Licht und Schatten zeigen/ und nicht den Tag am Modell allein/ oder den Schatten ohne den Tag sehen könne/ denn beyde letzere Dinge werden ihm viel Mühe in der Zeichnung/ aber keine Anmuth in seinen Wercken geben.
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Rede bey Stellung des Modells, p. 12
[Was ein Jüngling im Nachzeichnen des Lebendiges Modells beobachten müsse.] (3) Fliehe er [ndr.: der Jüngling] allezeit den Ort/ von welchem er das Modell ohne unangenehme Verkürzungen zu machen/ nicht nachzeichnen könne.
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Rede bey Stellung des Modells, p. 12
[Was ein Jüngling im Nachzeichnen des Lebendiges Modells beobachten müsse.] (4) Entferne er sich nicht allzuweit vom Licht/ damit er aus Mangel behöriges Lichtes/ seine Zeichnung nicht unausgemachet lassen müssen.
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Rede bey Stellung des Modells, p. 14-15
[…] diejenigen Zeichners/ welche Liebhaber der Anatomie seyn/ sich vorzusehen haben/ daß sie nicht ohne Unterscheid alle Glieder gleiche starck oder deutlich musculiren/ als ob die Zeichnung eine Anatomische Lection seyn sollte: Es haben zu dem Ende alle berühmt Italiänische/ Französischen und Teutsche Meisters ja selbst die Academien beyder erstbenannten Nationen, vor nöthig geurtheilet/ daß man im Nachzeichnen des lebendiges Modells, nemlich : Was die menge der Musculen/ die breite der Glieder/ und die Degadation des Lichtes und des Schattens beträffe/ dasselbige genau folgen solle. Und wenn ja in denen Dingen etwas an dem Modell zu corrigiren/ oder zu verbesseren wäre/ […] Dann selbige Zeichnung als ein aufrichtiger Zeuge der Nature dienen würde.
Deutsche (die)
Französische (die)
Italiänische (die)
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Rede bey Stellung des Modells, p. 17
So viel habe ich von denen zwey ersten Theilen meines Vortrages zu melden vor nöthig erachtet/ nemlich :
1. Was sein Jüngling vorhero bereits wissen müsse/ wann er den Anfang machen wolle/ mit Nutzen nach dem modell zu Zeichnen.
2. Was er im Zeichnen nach dem Modell beobachten Müsse.
Nun solte ich noch den Dritten Theil vortragen/ nemlich : Was vor Nutzen ein Jüngling aus dem Nachzeichnen des lebendigen Modells ihme schaffen/ und wie er dermahleins die verfertigten Academie, und Zeichnungen: in seinem Wercken anbringen könne: Allein dieser Dritte Theil ist weitläufftiger weder die Zwey vorgesagte so wir itzt miteinander abgehandelt haben/ auch ist die gegenwärtige zum Zeichner bestimbte Zeit zimlich verflossen/ wannenhero ich solches biß zu einer andern Gelegenheit verspare/ und vor dieses mahl keine angenehmere Belohnung meiner Unterrichtung verlange/ als daß das Gelehrete von Euch Lehrbegierigen Jünglingen in die Ubung mögen gebracht werden.
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Das 2. Capitel. Beschreibung der Mahlerey-Kunst und des Zeichnen Nutz.
Die Zeichnung aber gleichwie sie eine recht Mutter der Mahlerey ist, und ihren Ursprung aus der Vernunft hat, so erfordert solche ein sonderbahres Urtheil, als die Universal-Form, Idea oder Modell aller Dinge, so die Natur jemahls gebohren.