GEMÜT (n. n.)
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Hieraus ist nun leichtlich zu schließen/ daß die Zeichnung nichts anders seye/ als ein erkantlicher Entwurff/ Abbildung oder Erklärung unsers Concepts/ welchen wir in dem Gemüt ausgebrütet/ und der Einbildung/ als eine Form oder Idea, vorgestellet. {Sprüchw. Ex ungue Leo. Der Verstand ermisset einen Leib/ aus einem Theil desselben.} Es ist ein Welt-kündiges Sprüchwort der Alten: Ex ungue Leo, der Löw aus der Klaue. Damit wird so viel gesaget/ daß/ wann einem vernünftigen Manne nur ein Stuck von einem natürlichen Corpo vorgewiesen werde/ er alsofort in seinem Verstand den ganzen Leib mit allen dessen Theilen/ in seine imagination oder Einbildung fasse/ gleich als ob ihm derselbe völlig und lebhaft vor Augen gestellet wäre.
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25. [ndr: Regel] Obschon unterweilen etliche geringe und unachtbare Fehler mit unterlauffen/ so soll doch/ wegen anderer Vortrefflichkeit/ das Werk ungetadlet bleiben: gleichwie man die Künstlichkeit eines weitberühmten Lautenschlagers/ wegen eines einigen falschen Säiten-griffs/ nicht beschämet: auch ein guter Bogenschütz unbillich verworffen wird/ wann er einmal des Schwarzen verfehlet. Die bäste und herrlichste Gemälde mißfallen oft anfangs den Augen/ bis daß man den Intento und Zweck des Künstlers erreichet. Darum soll man die Gemälde in das Gemüte und den Verstand langsam/ wie die Hüner das Wasser durch Schnabel und Schlund/ hinablassen; und alsdann erst sein Urtheil darüber ergehen lassen.
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Des Absehens/ muß allhie zuvörderst wiederholet werden/ daß die Zeichenkunst/ (als die bey den Alten/ Reissen genandt war) die rechte und einige Mutter und Nährerin unserer dreyer Künsten ist/ und aus der Vernunfft/ durch gewisse imagination, oder Einbildung/ in dem Verstand/ zuvorderst alles formirt, was hernacher durch die Hand zu Papier gebracht wird. Dieser erkenntliche Entwurff/ und concept unserer Ideae, oder Sinn-Musters/ welches wir/ im Gemüt gleichsam ausgebreitet vor Augen stellen […].
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Gleiche Meinung {Auch die Temperamenten/ und Gemühts-Wirckungen/ Passionen und Affecten zu beobachten.} hat es auch mit Erkennung und Erlernung der viererley Complexionen des Menschen/ mit den Wirckungen des Gemüts/ der Angesichter/ Farben/ und Ursachen der Veränderungen; vorab mit den Gestalten der Zornigen Abscheulichkeit/ der Furcht/ oder Schreckbarkeit/ der Schamhafftigkeit/ Angst/ Misgunst/ Neides und Leides/ der Traurigkeit und Verzweifflung: als wodurch alle des Menschen Gestalt/ Angesichter/ Geberden und Farben verändert werden.