DISCIPULUS (n. m.)
TERM USED AS TRANSLATIONS IN QUOTATION
LEHRJÜNGER (deu.)LEHRJÜNGER
12. [ndr: Regel] Wir erkennen/ daß das Gesicht eine von den allergeschwindesten Wirkungen der ganzen Welt ist/ als welches augenblicklich unendliche Gestalten durchgehet und überschauet. Nichts desto minder kan es nicht alles/ augenblicklich und in particular erkennen oder distinguiren. Ein Beyspiel dessen/ ist diese ganz mit Druck-Buchstaben von der Presse überschriebene Blatseite: da man unverzüglich erstes anblicks urtheilet/ daß viel darauf geschrieben sey; was es aber für Wörter seyen/ und was sie sagen und bedeuten/ das kan niemand im ersten anblick sagen/ sondern er muß erstlich die Zeilen von Wort zu Wort durchgehen/ und ihren Innhalt erlernen. Eben also/ wann man ein hohes Gebäu oder Thurn besteigen will/ so ist natürlich/ daß man von Staffel zu Staffel hinauf gelange. Auf gleichen Schlag/ wann der angehende Mahler/ deme die Natur eine Fähigkeit zu solcher Weltberühmten himmlischen Kunst eingeflösset/ eine gründliche Wissenschaft unterschiedlicher Formen und Gestalten zu überkommen verlanget/ so ist nötig/ daß er solche von Glied zu Glied betrachte/ und nicht zu dem zweyten schreite/ ehe und bevor er das erste wol in die Gedächtniß gedrucket/ und einem Habito oder Gewonheit dieses zu machen überkommen habe. Dann wann es anderst geschiehet/ so wird entweder die köstliche Zeit verschleudert/ oder zum wenigsten das studium und die Ergreiffung der Kunst mächtig verzögert und prolongiret. Hat also der Lehrjünger mehr auf den Fleiß/ als auf die Geschwindigkeit/ sich zu verlegen.
SCHOLAR
Wer aber die Kunst/ alle phantasien und Einbildungen des Gemütes wol auszuzeichnen/ begreiffen will/ hat vonnöten/ daß er/ nachdem er sich ein Zeitlang in Handrißen geübet/ sich ferner exercire/ in Abbildung erhobner stillstehender Stücke/ die aus Marmor/ Gyps oder sonst nach dem Leben gestaltet sind/ wie auch an einer schönen antichen Statue, oder erhobnen Modell von Erbe/nakend oder bekleidet: weil diese Stucke/ indem sie unbeweglich und ohne Leben fäst stehen/ dem Scholarn die Lernung leichter machen/ welches er bey den lebendigen Bildern/ die sich immer bewegen/ und verkehren/ nicht zu hoffen hat.
Das I. Capitel. Von Der Erfindung und Zeichnung, p. 60-61SCHÜLER
{Die Natur lehret die Farben austheilen.} WAnn wir rechte Schüler der Natur-Kunst seyn wollen/ so geziemet uns/ die Austheilung und Vereinigung der Farben/ die zusammen sich vereinigen/ wohl stehen und sortiren/ (jedoch daß jede absonderlich bleibe) und den Augen/ rechten Wolstand vorzustehen. Dieses hat den kunstreichen Pausias dahin bewogen/ daß er zur Jungfrauen Glycerio von Sicyon welche die Blumen verkauffte/ und solche im Kränzbinden artigst zusammen zu sortiren wuste/ daß er zu ihr Lust gewunnen/ sie geheuratet/ und von ihrer Blumen-Arbeit von denen er Blumen zu mahlen gelernet. soviel abgesehen und erlernet/ daß er im gebrauch der Farben überaus kunstreich worden/ und endlich der Blumen Contrafäte mit höchstem Fleiß/ auf einen Rock/ wie sie damals zu tragen pflegten/ sehr vernünftig/ und zu Verwunderung männiglichs/ gemahlet: welcher Rock davon sehr berühmt/ und Stephanoplocos genannt/ worden [.…]
Das XIII Capitel. VonAustheilung und Vereinigung der Farben, p. 84